Klavierabend 1963

Der Direktor der Musikhochschule, der Komponist Professor E. W. Velte schrieb in den Badischen Neuesten Nachrichten vom 4. Dezember 1963 folgende Kritik:

Große pianistische Begabung

Gerhard Eckle spielte in einer Musikstunde der Technischen Hochschule

Der Klavierabend mit Gerhard Eckle im Aulabau der TH wurde zu einer künstlerischen Begegnung, die man als kleines Ereignis in der Erinnerung behalten wird. Eckle, der bei Robert Alexander Bohnke sowie an den Musikhochschulen in Stuttgart und Karlsruhe sich das pianistische Rüstzeug erwarb, erwies sich bereits während des Studiums als eine herausragende Begabung auf seinem Instrument. Inzwischen hat er sein großes Talent so eindrucksvoll zu formen gewußt, daß er manchen arrivierten jungen Klavierspieler an künstlerischer Kraft zum Teil mühelos übertrifft. Eckle ist nicht nur ein ganz vorzüglicher Techniker, sondern er gestaltet auch, was ihn aus der Masse all der pianistisch überdurchschnittlich Veranlagten heraushebt, für sein Alter ungewöhnlich tiefsinnig. Dazu arbeitet sein Gedächtnis fehlerlos. In seiner von Vorbildern vollkommen unabhängigen Interpretation verbinden sich Geistigkeit, Phantasie, intensive Erlebniskraft und bohrender Intellekt zu einem, man darf es ohne Übertreibung sagen, faszinierenden Ganzen.

Beethovens Sonate op. 90 in e-Moll spielte Gerhard Eckle ungemein ausdrucksvoll, zugleich in verhaltener Dramatik und voll hintergründiger Poesie. In Schuberts Sonate op. 143 in a-Moll, mit ihrer dunklen, gleichsam gewitterschweren romantischen Lyrik wurden dämonische Kräfte als die bestimmenden Elemente dieses packenden und großartigen Werkes sichtbar. Möglicherweise war diese leidenschaftliche und dabei überaus plastisch deklamierte Wiedergabe der Höhepunkt des an Eindrücken so reichen Abends. Doch standen, wenn man's recht besieht, drei Stücke aus dem Zyklus "Auf verwachsenem Pfade" von Janacek, Stücke, die Direktor Dr. Nestler in seinen feinsinnig erwägenden Einführungsworten als Zeugnisse eines Wahrheitssuchers bezeichnete, und Mussorgskijs "Bilder einer Ausstellung" hinter dem Schubert kaum zurück. Janacek bestach durch kontemplative Deutung, Mussorgskij durch differenzierte Farbigkeit und philosophische Durchleuchtung. Für überaus herzlichen Beifall dankte Gerhard Eckle mit zwei Zugaben.    E.W.V.