Der Komponist Professor E. W. Velte schrieb folgende Kritik in den Badischen Neuesten Nachrichten vom 22. Juni 1967:

Bach - Schubert - Mussorgskij

Gerhard Eckle gab im Alexander-von-Humboldt-Haus einen Klavierabend

Gerhard Eckle, seines Zeichens Schulmusiker, zugleich aber auch Pianist aus Leidenschaft und Berufung, Schüler von Jürgen Uhde, Valentin Rybing und Robert-Alexander Bohnke, gab auf Einladung des Akademischen Auslandsamtes der TH Karlsruhe im Alexander-von-Humboldt-Haus einen Klavierabend. Seine Gestaltung, fußend auf hoher Musikalität, ist absolut unkonventionell. Von doktrinärer Stiltreue, die ja so oft mißverstanden wird, hält er nicht viel. Ihm kommt es vielmehr darauf an, Melodie, Klang und Rhythmus so eindringlich wie überhaupt möglich sprechen zu lassen. Er ist davon überzeugt, daß Musik dem Hörer etwas zu sagen, daß der Komponist durch das Medium der Töne dem Zuhörenden etwas mitzuteilen habe, also eine Komposition nichts anderes sei als eine in die Dimension des Klanges gehobene Sprache oder körperliche Bewegungsgestik. Zugleich aber würdigt Eckle in seiner Interpretation die Struktur besonders. Scheinbar nebensächliche Motive gewinnen plötzlich bedeutungsvolle Physiognomie; man sieht in ihnen dann wesentliche Pfeiler und Klammern der klanglichen Architektur. Eng in Zusammenhang damit steht, daß Eckle eher bedächtige Tempi wählt, als sich zu unnötiger virtuoser Brillanz hinreißen zu lassen.

Bachs Präludium und Fuge cis-Moll aus dem 1. Band des "Wohltemperierten Klaviers" wurden sehr besinnlich, eingehend und genau erklärt, weitab von aller schnöden Sachlichkeit, hinter der sich ja häufig genug der Mangel an künstlerischer Substanz verbirgt. Es war eine Bach-Deutung, die im Präludium zwar mit der agogischen Freiheit des Vortrags fast bis an den Rand des in der Barockmusik Möglichen ging, aber in der Wahrhaftigkeit der Klangschilderung für sich einnahm und deshalb unmittelbar überzeugte. Sehr kontemplativ und lyrisch intensiv spielte Gerhard Eckle Schuberts nachgelassene Sonate in B-Dur, ein ungewöhnlich heikles Stück, wenn man bedenkt, daß in ihm ein Selbstgespräch über die letzten Dinge der menschlichen Existenz, wissender, und zugleich von Schmerz geläuterter Abschied in aufgelichteten, durchsichtigen Klang gefaßt sind. Dazu erstand dieses transzendente Stück Musik in mannigfaltigen Ausdrucksnuancen. Mussorgskijs "Bilder einer Ausstellung" schließlich stellte Eckle dar mit malerischer Raffinesse, in der sarkastischer, hintergründiger Humor aufschien, dazu in leuchtenden und, wenn es darauf ankam, aber auch dämonisch-düsteren Farben. Dazu waren die Gestalten dieser Bilder psychologisch scharf erhellt, so, als sei hier eine Pantomime zu Klang geworden. Eine imponierende, sehr eindrucksvolle Leistung und möglicherweise der Höhepunkt der Begegnung mit einem hochbegabten jungen Künstler, dem man gerne wieder einmel zuhören würde!    E.W.V.